Am 8. Februar begaben sich 25 Schülerinnen und Schüler Q1, begleitet durch Geschichtslehrer Stefan Temp und unserer stellvertretenden Schulleiterin Susanne Baldauf, zur Mahn- und Gedenkstätte „Steinwache“ am Dortmunder Hauptbahnhof. Die 25 Jugendlichen sind Teilnehmende einer AG, die im Juni an einer Gedenkstättenfahrt unternehmen werden.
Beispielhaft sei hier auf dieses Foto verwiesen:
Was zeigt uns dieses Foto?
Die Antwort: Schlangestehen zur Deportation.
Das genaue Datum, zu dem das Foto gemacht wurde, lässt sich heute nicht mehr ermitteln. Es handelt sich um einen der beiden Transporte Dortmunder Juden in das Konzentrationslager Theresienstadt, entweder am 29. Juli 1942 oder im Mai 1943. Nach dem bisherigen Stand der Forschung wurden insgesamt ca. 4000 Deutsche jüdischer Abstammung aus Dortmund und der näheren Umgebung deportiert.
Die Menschen haben sich frühmorgens im Sommer oder späten Frühling eingefunden, nachdem ihnen ein Brief zugegangen war, dass sie sich an der Börse, direkt am Dortmunder Hauptbahnhof, einzufinden hatten. Mitnehmen durften sie nur, was sie am Leib tragen konnten – und das waren unter anderem mehrere Schichten Kleidung. Daher rührt auch der erste Eindruck, den der Betrachter gewinnt, dass die Personen wohlgenährt und vielleicht auch wohlhabend gewesen seien. Darüber hinaus durften sie noch Taschen und Rucksäcke bei sich tragen. Das war dann bereits der zusammengeschrumpfte Rest ihres sämtlichen Hab und Guts.
Am Baum in der Mitte stehen vier der überwachenden Gestapo-Beamten der zuständigen Stelle in Dortmund. Sie scheinen entspannt einem schönen Arbeitstag nachzugehen. Einer von ihnen hakt vermutlich eine Liste ab und kontrolliert so das Gelingen des Abtransportes. Hinten rechts erkennt man einige Schaulustige, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten. Das ganze Geschehen wurde heimlich festgehalten und zwar von einem Polizisten, der in der Steinwache stationiert war und das Foto durch ein kleines Fenster – vielleicht mit Gitterstäben? – aufnahm. Das Wissen über das schreiende Unrecht, das vor den Augen der Dortmunder passiert, scheint den Zeugen doch bewusst gewesen zu sein, obwohl das Bild auf den ersten Blick friedlich und harmlos wirkt.
Mit diesem Foto werden genau jene Fragen aufgeworfen, denen eine Gruppe von 25 Schülerinnen und Schülern der Q1 in einer AG nachgeht, in der sie sich auf eine Gedenkstättenfahrt in das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek nahe polnischen Universitätsstadt Lublin vorbereiten. Wer waren die Opfer der menschenverachtenden Politik der Nationalsozialisten? Wie funktionierte der reibungslose Ablauf der Ausgrenzung von Menschen, der in ihrer Ermordung endete? Was waren die Stationen ihres Leidenswegs? Wer waren die Täter? Wer wusste alles davon? Warum haben nur so verschwindend wenige Menschen etwas dagegen unternommen?
Diese Exkursion ist eine von mindestens zwei Exkursionen, die die normale AG-Arbeit ergänzen und veranschaulichen sollen. Die Gedenkstättenfahrt selbst wird vom in der Zeit vom 1. bis zum 6. Juni stattfinden. Geleitet wird die AG von Geschichtslehrer Stefan Temp.