Die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 12 haben sich im Rahmen des Geschichtsunterrichts bereits mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte beschäftigt: dem Holocaust. Die Klasse 9 steht noch am Anfang in ihrer Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Für beide Jahrgänge stand in dieser Woche eine besondere Geschichtsstunde auf dem Stundenplan – die Begegnung mit einer Holocaustüberlebenden.
Eva Weyl, 80 Jahre alt, ist Niederländerin. Ihre deutschen Eltern waren Juden – der Vater entstammte einer streng gläubigen, die Mutter einer weniger religiösen Familie. Nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, verlor die jüdische Familie ihren Besitz. Familie Weyl flüchtete in die Niederlande, wo sie allerdings nach dem deutschen Überfall im Durchgangslager Westerbork interniert wurden. Von den etwa 107000 Menschen, die von dort aus in die Vernichtungslager depotiert wurden, fanden 102000 Menschen den Tod. Mit viel Glück überlebte Eva samt ihrer Eltern und Großeltern den Holocaust: Da ihr Vater in der Verwaltung des Lagers beschäftigt war, wurde die Familie nicht deportiert.
Heute lebt Eva Weyl in Amsterdam und referiert seit mehreren Jahren ehrenamtlich im Auftrag des Erinnerungszentrums Lager Westerbork. Sie sei da, damit die jüngste Generation – unsere Schülerinnen und Schüler – nicht vergesse, was geschehen ist.
„Euch trifft keine Schuld!“
Es sind keine Ressentiments zu spüren, während die charismatische Frau mit der dunklen Hornbrille ihre Powerpoint-Präsentation zeigt. Weder die jugendliche Zuhörerschaft noch deren Eltern seien schuld an dem, was vor über 70 Jahren geschehen ist – das hat Frau Weyl wiederholt klar gemacht. Jedoch sei die heranwachsende Generation für das verantwortlich, was sie aus der Zukunft mache. „Ihr seid bald die Zeitzeugen, die das Erinnern wach halten, wenn es in einigen Jahren keine Menschen mehr gibt, die aus eigener Erfahrung über den Holocaust berichten können.“
Über die Ereignisse in Westerbork und über ihre Familie sprach die 80-Jährige über eine Stunde lang vor einem aufmerksamen Publikum. Im Anschluss an den Vortrag nahmen viele Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit wahr, Fragen an Frau Weyl zu richten und mit ihr ins Gespräch zu kommen.