Schüler des Joseph-König-Gymnasiums im Gespräch mit syrischem Flüchtling
Unter dem Titel „Festung Europa? – Europas Umgang mit Flüchtlingen“ erarbeiten die Schüler der Klassen 9 des Joseph-König-Gymnasiums in dieser Woche das wohl aktuellste Thema der letzten Monate. Was ist das Dubliner Abkommen? Welche Länder gelten als sichere Herkunftsländer? Die Projekttage werden von vielen externen Referenten unterstützt.
Halterner Zeitung, 27.10.2015
Vorbereitet von der Fachschaft Politik konnten Gastreferenten von Caritas, Asylkreis, Flüchtlingshilfe Münster-Ost, Flüchtlingsrat NRW, Bundeswehr, der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender und der Auslandsgesellschaft zur Mitarbeit gewonnen werden. Letztere ermöglichten gestern den Schülerinnen und Schülern der Klasse 9d einen direkten Einblick in das Leben auf der Flucht.
Zu Gast war der 29-jährige Karam Karkash, ein syrischer Student, der von seiner mehrmonatigen Odyssee berichtete und eindrücklich schilderte, was er auf der Flucht erlebte. Übersetzungsarbeit und Moderation beim sogenannten „Flüchtlingsdialog“ in der 9d übernahmen Fethullah Sevinc und Nora Zerta, zwei Studenten, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren.
Sie mussten allerdings nicht viel Starthilfe leisten, um den Austausch der Schüler mit dem Flüchtling ans Laufen zu bekommen. Denn die Jungs und Mädchen der Klasse hatten viele Fragen an den jungen Mann aus Damaskus.
„Mit wie vielen Leuten haben Sie sich denn auf den Weg gemacht?“, wollte beispielsweise der 15-jährige Adrian wissen. Und: „Was kostet so eine Flucht überhaupt?“ Nun, umgerechnet 10 000 Euro hatte Karam dem Fluchthelfer zahlen müssen – Geld, das er, wie er sagte, zum Teil angespart hatte.
Einen weiteren Teil habe ihm die Familie gegeben. Und um eine solch horrende Summe zusammenzubekommen, hätten viele der ihm bekannten Menschen auch ihre Autos verkaufen müssen. „Den Kontakt zum Fluchthelfer hatte ein Freund hergestellt, der ebenfalls fliehen wollte. Es war schon eigenartig, denn zuvor hatte ich im Leben nichts Illegales gemacht“, sagt Karam. Eigentlich habe man sich ja in Damaskus sicher gefühlt. Dass der Krieg sie erreichen würde, war für die Familie nicht vorstellbar. Das erste Etappenziel auf dem Weg raus aus dem Krisengebiet war die Türkei. „Um weiterzukommen, mussten wir neue Leute auf den Straßen finden. Mehr als drei Monate dauerte die Suche nach Helfern.“
Deutschland und gar die Flüchtlingserstunterkunft in Castrop-Rauxel wären aber nicht das eigentliche Ziel gewesen, erklärte Karam. In erster Linie hätte er einfach nur raus gewollt.
Die Eindrücke aus dem Gespräch mit dem Flüchtling werden die Schüler jetzt in den Politikunterricht mitnehmen, wo das Thema der Projekttage nochmals vertieft werden soll.
Fabian Paffendorf